Muskelsucht: Wenn Sport zum Zwang wird

Er hat Bizeps so groß wie ein Fußball und Muskeln XXL. Sechs Mal pro Woche trainiert Gregor Mathes – zuhause und im Fitnessstudio. Der 25-jährige Doktorand der Geowissenschaften betreibt “Natural Bodybuilding”. Das bedeutet, die Ästhetik steht im Vordergrund, nicht die Muskelmasse. Mit 19 Jahren holt er sich den dritten Platz bei der Deutschen Meisterschaft der Natural Bodybuilder.

Über die eigenen Grenzen gehen

Vor dem Wettbewerb wird der Körper total entwässert, um die Muskeln noch deutlicher zur Geltung zu bringen. 16 Wochen Diät im Vorfeld erfordern immense Disziplin. Training auf diesem Niveau kann zur Sucht werden und ist dann auch richtig gefährlich, das ist dem Bodybuilder bewusst.

“Damals nach dem Wettbewerb und der langen Diät, habe ich mir innerhalb einer Nacht 16 kg Essen einverleibt, danach hatte ich schlaflose Nächte. Das ist extrem und sicherlich eine Art von Sucht.” Gregor Mathes, Natural Bodybuilder

Gregor fällt nach dem Wettbewerb in ein mentales Loch, mit Hilfe seiner Familie kann er diese Phase aber schnell überwinden.

Wie erkennt man Muskelsucht?

Wenn das Sportverhalten zwanghaft wird, sprechen Experten von einer Sucht. Die Ernährung richtet sich nur noch nach den sportlichen Zielen. Keine Trainingseinheit darf ausgelassen werden, die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper ist die Motivation zur vermeintlich ständigen Selbstoptimierung. Oft ist die Muskelsucht mit einer Essstörung verbunden. Alle anderen Dinge, wie Beruf und Hobbys stehen hinten an. Das Problem ist, diese Sucht zu erkennen und sich rechtzeitig helfen zu lassen.

Beratungsstellen erfahren Zulauf

Vor allem immer mehr Männer hätten sich in den vergangenen Jahren an sie gewandt, sagt Svenja Gläßge, Sozialpädagogin bei der Nürnberger Beratungsstelle für Essstörungen “dick und dünn e.V.” Dort erhalten Betroffene individuelle Beratung und Hilfe bei der Suche nach einer ambulanten Psychotherapie, falls nötig. Corona habe die Situation nicht gerade vereinfacht.

Der erste Schritt geht oft über den Hausarzt, aber auch Fachberatungen bei sportmedizinischen Instituten sind möglich. Die sozialen Medien sind nach Ansicht der Experten daran nicht ganz unschuldig, optische Selbstdarstellung und Selbstoptimierung stünden hoch im Kurs.

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